Wir sind Gottes Eigentum – Tempel des Heiligen Geistes

Predigt in der Heiligen Messe zum 29. Sonntag im Jahreskreis

Lesejahr A: Mt. 22,15-21

Liebe Schwestern und Brüder,

heute feiert die katholische Kirche in Deutschland den Sonntag der Weltmission. Die heutige Kollekte ist für das katholische Missionswerk missio bestimmt. Während sich Misereor um Projekte zur Selbsthilfe auf der ganzen Welt richtet, also Entwicklungshilfe im weiteren Sinne betreibt, geht es missio um die Verkündigung des Glaubens und die weltweite Solidarität in der katholischen Kirche. Im Mittelpunkt von missio steht die katholische Kirche und ihre Gläubigen in Afrika, Asien und Ozeanien. Empfänger der Gelder sind Bistümer, Gemeinden und Projekte vor Ort. Sie unterhalten Schulen und Bildungseinrichtungen, Beratungsstellen, Waisenhäuser und fördern landwirtschaftliche Projekte. Eine Spende für missio ist ein Zeichen unserer Solidarität und unserer Dankbarkeit für die weltweite Gemeinschaft des Glaubens.

Um Geld und eine Steuerfrage geht es auch im Evangelium von heute. „Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht?“ Die Frage scheint uns halbwegs fremd. Niemand zahlt gerne Steuern und wo man es vermeiden kann, tun wir das ja auch. Aber natürlich muss man Steuern zahlen. Steuerverweigerung hatte und hat immer einen politischen oder einen religiösen Grund. Zur Zeit Jesu war das Land der Juden von den Römern besetzt. Wer zahlt schon gern an Besatzer Steuern? Noch dazu mit einer Münze, auf der der Kaiser abgebildet war und auf der stand: Kaiser Tiberius, Sohn des göttlichen Augustinus. Das war für fromme Juden Gotteslästerung, es war mit ihrer Vorstellung von dem einen Gott unvereinbar.

Mit der Frage schnappte die Falle zu. Jesus hatte nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder zog er sich den Unmut seiner Glaubensbrüder zu oder er machte sich strafbar, weil er zur Steuerverweigerung aufrief. Doch Jesus reagiert geschickt. Er lässt sich eine solche Steuermünze geben. Allein damit haben sich die Fallensteller schon entlarvt. Sie selbst tragen ja eine solche Münze in der Tasche – sie tun damit das, was sie verurteilen. Jesus fragt nach dem, was auf der Münze zu sehen ist und gibt schließlich die berühmte Antwort: „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.“ Man kann Gott nicht dadurch beleidigen, dass man etwas von Gott Geschaffenes verwendet. Vielleicht ist mein Interesse an Geld und Steuern so groß, dass ich den zweiten Teil der Antwort Jesu meistens überhöre. „Gebt Gott, was Gott gehört!“

Was gehört denn Gott? Alles, könte man meinen und sich mit dieser Antwort im Kreise drehen. Ich glaube, Jesus spielt hier auf etwas anderes an. Natürlich, die ganze Welt ist von Gott geschaffen. Doch der Mensch hat in der Welt eine Sonderstellung. Er wurde nach dem Bilde Gottes erschaffen. „Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn.“ Der Mensch ist auf besondere Weise Gottes Eigentum. Doch nicht nur ich bin Gottes Eigentum. Sie und alle unsere Mitmenschen sind Gottes Eigentum. „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!“ Wenn ich das ernst nehme, muss das Folgen haben. Folgen für mich und für jeden einzelnen Menschen und Folgen für den Umgang mit den Mitmenschen.

Ich gehöre nicht mir, sondern Gott. Wenn ich ehrlich bin, dann erschrickt mich der Gedanke. Maßstab für mein Handeln kann dann nicht mehr nur allein ich sein. Ich muss meinen Eigentümer, ich muss Gott immer mit bedenken.

Der Gedanke hat für mich zuerst eine ganz praktische, sozusagen eine handgreifliche Seite. Wie gehe ich mit mir um? Wenn ich in der Beerdigungs-Liturgie den Sarg im Grab mit Weihrauch inzensiere, sage ich immer: „Dein Leib war Tempel des Heiligen Geistes. Der Herr nehme dich auf in das himmlische Jerusalem.“ Wie sorge ich mich um mich? Wir sorge ich für meine Seele und für meinen Körper? Sorge ich so um meinen Körper, dass der Heilige Geist ihn gern zum Tempel nimmt?

Oder betreibe ich etwa Raubbau an meinem Körper, indem ich ihn überfordere? Arbeite ich zu viel und zu schwer? Esse und trinke ich zu viel und das Falsche? Gönne ich meinem Körper die falsche oder zu wenig Bewegung? Kenne ich meine Fähigkeiten und meine Talente? Pflege ich zumindest eines oder zwei davon? Setze ich meine Talente ein, nutze ich sie – für mich oder für andere Menschen?

Belaste ich meine Seele mit schädlichen Eindrücken. Mit Eindrücken, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen, die mein Gleichgewicht stören, die verstörende Bilder in mir wach rufen? Wir leben in einer Mediengesellschaft. Tut mein Medien-Konsum mir gut? Sind die Bilder, Filme, Spiele und Nachrichten gut für mich? Der Fernseher hat einen Aus-Knopf und dem SmartPhone und dem Computer schadet es nicht, unbeachtet in der Ecke zu stehen.

Nehme ich mir Zeit, dass meine Seele zur Ruhe finden kann? In meiner Ausbildung habe ich den Brauch einer „Rekollektio“ kennengelernt. Im Priesterseminar gab es regelmäßig solche Rekollektiones. Von Freitagabend bis Sonntagmorgen keine Arbeit, Zeit für mich: Musik hören, lesen, beten, Anbetung, schreiben und nicht sprechen. Geht eine solche Rekollektio auch in einer Paar-Beziehung? Wie könnte so etwas in einer Familie aussehen? Man könnte z.B. für die ganze Familie einen Sonntag im Monat vollkommen frei halten von jedem Termin. Auch von Freizeit-Terminen.

Doch nicht nur ich gehöre Gott, auch mein Mitmensch gehört Gott. Wie gehe ich eigentlich mit meinen Mitmenschen um? Im alten Gotteslob gab es ein schönes Morgengebet: „Herr, an diesem Morgen bedenke ich den Tag, der jetzt für mich beginnt.“ Weiter hieß es: „Auch wenn ich nicht alle Menschen selbstlos lieben kann, hilf, dass niemanden entmutige, der mir begegnet.“ Das ist doch ein wunderschöner Gedanke: Niemanden, den ich begegne, durch mein Verhalten zu entmutigen.

Dann ist da ein Mensch, der meine Hilfe benötigt. Wenn ich ihm meine Hilfe gebe – warum mache ich das? Bin ich einfach großzügig, ist es meine willkürliche Entscheidung, will ich einfach nur ein guter Mensch sein? All diese Gründe belasten den anderen Menschen mit dem Gefühl von Schuld und der Pflicht zur Dankbarkeit. Doch der andere Mensch gehört, wie ich, Gott. Meine Hilfe steht dem anderen zu! Er hat einen Anspruch auf meine Hilfe – eben weil er Eigentum Gottes ist.

Das gilt es zu bedenken bei den Menschen in unserem persönlichen Umfeld, bei den Menschen in unserer Stadt und in unserem Land. Das gilt es aber auch zu bedenken, wenn Menschen – aus welcher Not auch immer – aus ihrer Heimat fliehen und bei vor unseren Grenzen stehen. Mir geht es jetzt nicht um eine politische Debatte, was zu tun und was zu lassen ist. Da kann man mit guten Gründen sehr unterschiedlicher Meinung sein. Doch welche Maßnahmen wir auch immer beschließen, vom Bleiberecht über Abweisung bis zur Abschiebung. Es handelt sich um Menschen in Not und diese Menschen sind Abbilder Gottes, sie sind Eigentum Gottes. „So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört.“

[Die Predigt habe ich am 21./22.10.2017 im Rahmen einer Heiligen Messe in den Pfarrkirchen Herz Jesu in Haren-Altharen und St. Marien Darbringung im Tempel in Haren-Tinnen gehalten. Für die Predigt hatte ich mir Stichworte notiert. Die hier nachträglich geschriebene Lesefassung der Predigt kann daher vom gesprochenen Wort der Predigt abweichen.]

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