Welche Kamera?

In den verschiedenen Foren gibt es eine immer gleiche Frage: Ich bin ein Neuling in der Fotografie und möchte mir eine Kamera kaufen. Könnt Ihr mir eine empfehlen?

Normalerweise kann ich Dir die Kamera empfehlen, die ich gerade nutze. Sonst hätte ich sie ja nicht. Wenn ich aber stärker von meiner Person absehe, dann gibt es doch einige Kriterien.

Wechselobjektive oder fest verbaute Objektive?

Neben den Kompaktkameras mit fest verbautem Objektiv gibt es Kameras mit wechselbarem Objektiv und sog. Bridgekameras mit fest verbautem Objektiv. Diese Bridgekameras verbinden die Vorteile z.B. einer Spiegelreflexkamera mit einem Objektiv mit hohem Brennweitenbereich (z.B. 25 – 400 mm). Natürlich sind die fotografischen Ergebnisse nicht auf dem Niveau von sehr viel teureren Kombinationen von Gehäuse und Objektiv. Doch die technisch möglichen Ergebnisse sind so gut, dass eine Bridgekamera gerade für jemanden, der von Fotografie gar nichts versteht und erste Gehversuche macht, sehr sinnvoll sein kann. Denn sie sind verhältnismäßig preiswert, bieten viele technische Möglichkeiten und erlauben es, die Grundtechniken der Fotografie zu erlernen. Danach kann man ja immer noch wechseln.

Spiegelreflex oder Systemkamera?

Im Bereich der „professionellen“ Fotografie gibt es derzeit einen Umbruch. Bis vor wenigen Jahren gab es hier fast nur Spiegelreflexkameras. Ein Spiegel in der Kamera lenkt das Bild in den Sucher, durch den man schaut. Zum Fotografieren wird der Spiegel hochgeklappt. Das geht sehr schnell, verursacht aber immer ein Geräusch. Bei Systemkameras wird auf den Spiegel verzichtet und das Bild auf dem Sensor wird in den Sucher geleitet. Beim Fotografieren muss dann nichts mehr bewegt werden. Solche Systemkameras sind damit prinzipiell kleiner und leichter. Fast alle Kamerahersteller haben heute eine oder mehrere Systemkameras im Programm. Wie alle Neuerungen hat auch diese ihren Preis. Systemkameras haben theoretische Nachteile. Es kann zu Abweichungen kommen zwischen dem, was ich im Sucher sehe und dem, was dann genau aufgenommen wird. Außerdem hängt die Praktikabilität sehr stark von der Geschwindigkeit des Prozessors ab. Doch beide Nachteile kann man bei aktuellen Modellen vernachlässigen.

FF oder APSC oder MFT?

Neben dem Objektiv ist der Sensor einer Kamera entscheidend. Prinzipiell: je größer der Sensor, desto besser die theoretisch möglichen Ergebnisse. Im Bereich der Spiegelreflexkameras und der Systemkameras war lange das APS-C – Format das Maß aller Dinge. Der Sensor hat eine Größe von etwa 25,1 x 16,7 mm (die Größen schwanken zwischen den Kameraherstellern leicht). Inzwischen gibt es allerdings immer mehr Kameras mit einem Sensor in der Größe des alten Kleinbildfilms von etwa 36 x 24 mm. Hier spricht man von Vollformat (FF). Derzeit sind Kameras und Objektive im Vollformat deutlich teurer und deutlich schwerer als Kameras und Objektive im APS-C-Format. Eine Sonderrolle spielt das Format Micro Four Thirds (MFT) der Firmen Panasonic und Olympus. Der Sensor hat eine Größe von 17,3 x 13 mm und ist damit deutlich kleiner als APS-C. Hier zeigt sich: Obwohl der Grundsatz: „Je größer desto besser“ beim Sensor durchaus gilt, müssen Ergebnisse mit kleineren Sensoren nicht zwingend schlechter sein.

Fazit

Wer absoluter Neuling ist und nicht weiß, ob Fotografie überhaupt etwas für ihn oder sie ist, greift am besten zu einer Bridgekamera. Für wenige hundert Euro bekommt man ein Gerät, mit dem man experimentieren und sich die Grundkenntnisse aneignen kann. Dann kann man später eine begründete Entscheidung treffen.

Ansonsten geht der Trend zur vollformatigen Systemkamera. Doch die Kameras und Objektive sind teuer und schwer. Deutlich preiswerter und in einer anderen Gewichtsklasse gibt es Spiegelreflexkameras oder Systemkameras im APS-C-Format. Hier kann man für weniger als 1.000 Euro einsteigen und danach aufsteigen, d.h. zusätzliche Objektive anschaffen. Die Objektive sind meistens deutlich preiswerter als die für das Vollformat.

Als Fotograf möchte ich schöne Bilder machen. Alle Kameras machen schöne Bilder. Es kommt darauf an, dass der Fotograf die Technik beherrscht und mit seinen Augen ein schönes Bild sieht. Das „fotografische Sehen“ ist die entscheidende Kunst und die kann dem Fotografen keine Technik abnehmen.

Viel wichtiger als die Technik der Kamera ist die Qualität der Objektive. Deshalb haben viele Fotografen mehrere Objektive und geben am Ende mehr Geld für Objektive aus als für die eigentliche Kamera. Mit der Entscheidung für einen Kameratyp und eine Sensorgröße legt man einen Pfad fest. Denn die Objektive sind nur mit Nachteilen oder gar nicht austauschbar, d.h. ein Objektiv für eine Spiegelreflexkamera passt nicht an eine Systemkamera und ein Objektiv für APS-C kann man nicht so ohne weiteres an einer Vollformatkamera verwenden. Da auch noch alle Kamerahersteller ihre eigene Suppe kochen heisst das: Objektive für Canon Vollformat Systemkamera passen auch nur an Canon Vollformat Systemkamera und für solche von Nikon oder Pentax gilt das ähnlich.

Es gibt fotografische Projekte, für die die Technik eine große Rolle spielt, z.B. HDR oder Stacking oder für Video oder für Aufnahmen von sich schnell bewegenden Objekten. Wer gern Landschaft fotografiert, wird sich für eine kurze Brennweite des Objektives interessieren und wer gern Wildtiere fotografieren will, wird eine lange Brennweite bevorzugen. Doch für die meisten fotografischen Projekte sind mit dem passenden Objektiv alle Kameras geeignet.

Wenn Du die Gelegenheit hast, dann besuche ein Fachgeschäft (die Abteilungen der großen Elektronik-Fachmärkte sind sehr unterschiedlich qualifiziert). Dort wird man Dich beraten und Du kannst eine Kamera auch mal in die Hand nehmen. Vertraue auf Dein Gefühl. Die eine Kamera liegt Dir besser in der Hand als die andere. Das ist wichtiger als jedes technische Detail. Denn Du fotografierst im Zusammenspiel von Hand und Auge.

Zum Schluss: Alle Fachzeitschriften preisen die Marktführer. Das hängt mit dem Kaufkater zusammen: Wenn ich eine größere Anschaffung getätigt habe, dann brauche ich danach Bestätigung, dass diese Anschaffung die richtige war. Das gilt für Autos wie für Fototechnik oder Computer. Dieses Bedürfnis bedienen die Fachzeitschriften, denn davon leben sie ja. Entsprechend wird die Berichterstattung ausfallen.

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