Wozu fasten?

Thematische Predigt am 1. Fastensonntag 2024.
Das Evangelium war die „Versuchung Jesu“ nach Markus Kapitel 1, Verse 12-15.

Machen sie doch mal einen Test. Googeln sie das Wort „Fasten“. Ich habe das gemacht. Ungefähr 135 Millionen Ergebnisse waren es bei mir. Ganz oben auf der Liste der Ergebnisse ist die Gesundheit. Da werden Fastenkuren angeboten. Sie sollen Körper, Seele und Geist stärken. Manchmal geht es schlicht darum, abzunehmen. Manchmal geht es auch um Konsumkritik. Das Schlagwort lautet „Weniger ist mehr“. Wir sollen dann in der Fastenzeit bewusst auf Fleisch verzichten. Weil wir ja sowieso schon viel zu viel Fleisch konsumieren. Das schadet uns selbst und der Umwelt. Schließlich werden Fastenkuren als eine Art Lebenshilfe angeboten. Fasten als Frühjahrsputz für die Seele oder als Trainingseinheit für die innere Freiheit. Wir sollen uns auf das Wesentliche konzentrieren.

Das ist vermutlich alles ganz gut und richtig. Deshalb möchte ich diese Fastenkuren auch niemandem ausreden. Doch fasten wir Christen, damit wir gesünder werden oder kritische Verbraucher oder damit wir unser Leben irgendwie besser organisiert bekommen?

Eine mögliche Antwort haben wir im Evangelium gehört. Jesus ging vierzig Tage in die Wüste. Das ist der erste Grund, warum wir Christen fasten. Christen fasten aus Verbundenheit mit Jesus. Wir lernen von Jesus. Markus berichtet: Jesus lässt sich taufen und geht dann in die Wüste. Danach macht er sich auf den Weg nach Jerusalem, wo er schließlich getötet wird. Christen haben die Zeit in der Wüste immer als eine Zeit der Prüfung, der Selbstprüfung und der Entscheidung verstanden.

Deshalb geht es in der Fastenzeit nicht um Verzicht, weil der Verzicht irgendwie gut für uns ist. Es geht darum, eine Wüstenerfahrung zu machen. Deshalb ist die Fastenzeit eine ganz eigene Zeit. Die Musik im Gottesdienst wird leiser. Wir singen kein Halleluja mehr. Es gibt keinen Blumenschmuck in der Kirche. Wir feiern keinen Herz-Jesu-Freitag und keinen Marien-Samstag. Wir feiern überhaupt keine Feste. Es sollen nach Möglichkeit keine Hochzeiten in der Fastenzeit sein. Essen und Trinken sollen einfach sein. Unser gemeinsames Leben soll uns dabei unterstützen, zur Ruhe zu kommen und unser Leben zu überdenken. Damit wir eine Entscheidung treffen können. Damit wir einen Neuanfang machen können.

Wie können sie die Fastenzeit gestalten, dass es sie eine Wüstenerfahrung machen können? Smartphone, Fernsehen und Internet reduzieren? Ganz bewusst am Wochenende zu Hause bleiben?

Der zweite Grund, warum Christen fasten: Christen fasten aus Nächstenliebe. In fast allen Religionen geht es darum, zu fasten, um einen Gott gnädig zu stimmen. Manche Christen fasten, weil sie annehmen, dass Gott sich das schon merken wird. Er wird es in sein himmlisches Kontobuch eintragen und wenn ich dann einmal vor Gott stehe, habe ich dort ein paar Pluspunkte.

Doch erinnern wir uns an den Propheten Jesaja: Das ist ein Fasten, wie ich es liebe. An die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, einen Nackten zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. Für Christen besteht Fasten darin, anderen Menschen etwas Gutes zu tun.

So kann es ein Fasten sein, wenn ich mich dem Klassendeppen zuwende. Wenn ich mich mit dem Arbeitskollegen abgebe, mit dem sonst niemand reden will. Wenn ich den komischen Nachbarn mal besuche oder einlade. Wenn ich meine Tante besuche, die ich schon so lange nicht mehr besucht habe.

Ein dritter Grund: Christen fasten als Zeichen der Buße. Sie kennen vermutlich alle diese Lieder, in denen jemand auf sein Leben zurückblickt und sagt: Ich bereue nichts. Oder: Ich würde es wieder tun. Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, dann kann ich das nicht sagen. Da sehe ich viele Situationen, in denen ich mich falsch verhalten habe. Situationen, in denen ich mich besser anders verhalten hätte. Ich habe in meinem Leben Fehler gemacht. Nicht alles kann man nachträglich wieder heilen.

Christen leben von der Vergebung, die Gott ihnen schenkt. Deshalb gibt es ein Fasten als Bußwerk. Es sagt: Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin und Fehler mache. Ich weiß aber auch, dass Gott mich trotzdem liebt. Ich werde von Gott reich beschenkt und schenke weiter. Wie wäre es zum Beispiel, wenn ich in der Fastenzeit bewusst auf etwas verzichte und mit dem eingesparten Geld die Tafel vor Ort unterstütze?

Ein vierter Grund für die Fastenzeit: Christen fasten aus Solidarität mit Jesus. Jesus ist an einem Freitag am Kreuz gestorben. Deshalb gibt es bei den Christen sei jeher den Brauch, am Freitag zu fasten. Denn: Wie kann man an den gewaltsamen Tod eines lieben Menschen denken und gleichzeitig fröhlich essen?

Deshalb ist der Karfreitag ein Fasten- und Abstinenztag. Wir sollen nur eine sättigende Mahlzeit am Tag zu uns nehmen. Deshalb sind wir an jedem Freitag zum „Freitagsopfer“ aufgerufen. Am Freitag auf etwas zu verzichten, was mir wichtig ist. Zum Beispiel auf Fleischspeisen oder auf Genussmittel.

Wir Christen fasten, weil wir von Jesus lernen. Wir fasten, um ein Zeichen der Nächstenliebe zu setzen. Wir fasten als Zeichen der Buße und wir fasten aus Solidarität mit Jesus. Die Fastenzeit ist eine reiche und spannende Zeit. Wir sollten aufpassen, dass wir sie nicht zerstören. So wie die Adventszeit, wo von Ruhe und Besinnlichkeit nicht mehr viel zu spüren ist. Unterstützen wir uns gegenseitig dabei, dass alle auf ihre Weise in der Fastenzeit Orientierung für ihr Leben finden können.

Predigt am 17.2.2024 in Maria, Königin des Friedens Bruchhausen-Vilsen und am 18.2.2024 in St. Paulus Syke.

Print Friendly, PDF & Email

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.